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The Last Faust als Gesamtkunstwerk

Der Begriff “Gesamtkunstwerk” wurde im Deutschland des 17. Jahrhunderts geprägt und erlangte später durch Richard Wagner große Bekanntheit – vor allem in Bezug auf die ästhetische Totalität seines Rings. Dieser stellte eine dramatische Verschiebung dar, weg von der italienischen Opern-Tradition hin zu einem umfassenden, künstlerischen Universum. „Gesamtkunstwerk“ wird häufig und oft besonders treffend mit architektonischen Begriffen umschrieben. Vor allem Frank Lloyd Wright entwarf als Architekt nicht nur die Gebäude selbst, sondern auch die Innenausstattung, die Beleuchtung, die Möbel und – bis zu einem gewissen Grad – sogar die Menschen, die in den fertigen Häusern leben sollten.

Der verwegene Plan, beide Teile von Goethes Faust auf auf die Leinwand zu bringen brachte Philipp Humm dazu, sein modernes Narrativ in unterschiedlichen Disziplinen zu entwickeln. Seine Bleistiftzeichnungen umreißen die Handlung Bild für Bild. Diese Motive finden sich in einer Serie stark stilisierter, ansprechend gestalteter Farbfotos wieder, die das Faust-Multiversum illustrieren.

Reduziert man die Faust-Legende auf ihren Kern, so handelt sie von Gut und Böse, von Licht und Finsternis, von der Realität und dem Erfundenen. Indem Humm in seinen Fotografien auf den Chiaroscuro Bezug nimmt, spielt er auf die unverwechselbare, sakrale Kunst und die Götzendarstellung in der Hochrenaissance an.

Der vor Kurzem veröffentliche Trailer gewährt einen ersten Blick in das außergewöhnliche Filmkunstwerk, seine einmaligen Drehorte und die traumähnlichen Kulissen, in denen der Erzähler Dr. Goodfellow und sein künstlicher Gefährte Paris agieren. Goodfellow, gespielt von Steven Berkofff, ist ein Mann, der über sein Vermächtnis nachdenkt, im Angesicht der bevorstehenden Vernichtung der Menschheit.

Der Zuschauer wird Zeuge, wie Goodfellow seine Sünden eingesteht, während er seinen alltäglichen Ritualen nachgeht. Diese profanen Szenen werden unterbrochen von halluzinogenen Episoden des Wahnsinns und der sexuellen Verderbtheit und von Sprüngen durch den Strom von Raum und Zeit.

Humm verzichtet vollständig auf jegliche gotische Ikonographie, wie man sie sonst mit Faust-Adaptionen verbindet (vor allem in der Oper). Der Dämon Mephisto ist gleichzeitig weltgewandt und launenhaft, ein satanischer Hedgefond-Manager im Maßanzug, der nach menschlichen Seelen dürstet.

Anders als in F.W. Murnaus Stummfilm aus dem Jahre 1926 gibt es in diesem Faust weder vampir-ähnliche Teufel noch vermummte, bleiche Monster. Die Protagonisten bewegen sich in der digitalen Welt, sie sind gleichzeitig makellos und gebrochen. Die Hässlichkeit steckt im Verlangen. Schönheit, wie im Fall von Gretchen, wird zuerst geschändet und dann zerstört.

Die Kamera lässt den Zuschauer ganz aus der Nähe an diesem Schauspiel teilhaben. Humms Gesamtkunstwerk beleuchtet eine 500 Jahre alte Volkssage mit dem harschen Licht des 21. Jahrhunderts. Seine Verdammnis ist die hohe Auflösung gh Definition. Das Werk ist nicht weniger komplex als seine Vorlage. Doch das Gitternetz verschiedener Medien macht The Last Faust zu einer wichtigen Ergänzung des Kanons der faustischen Mythologie. Da die Künstliche Intelligenz sich immer weiter in den Mainstream einschleicht, wird The Last Faust zu einem wichtigen Bestandteil des Lehrstoffs für die Generation KI werden.

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